Wir sind sieben Auszubildende zur Pflegefachkraft, die zwei Wochen ein Auslandspraktikum in Pilsen absolviert haben. Das Projekt zielt darauf ab, den Austausch zwischen verschiedenen Ländern und Kulturen zu fördern. Reisen bildet bekanntlich und erweitert den eigenen Horizont. Dafür ist eine gewisse Offenheit gegenüber Neuem erforderlich sowie die Fähigkeit, zu kommunizieren und sich anzupassen. Neugierde gegenüber der fremden Kultur und den vielen Eindrücken, die in kurzer Zeit auf einen einwirken, ist ebenso unverzichtbar. Es gilt, ein echtes Interesse an anderen Kulturen zu zeigen und bereit zu sein, sich auf Neues einzulassen. Neben diesen Eigenschaften sollte man auch bereit sein, sich Herausforderungen zu stellen und diese zu meistern, sich eigenständig zu organisieren und als Teil einer Gruppe zu agieren.
Es lag in unserer Verantwortung, eine passende Unterkunft für die zweiwöchige Reise nach Pilsen zu finden. Bereits über zwei Monate vor unserer Anreise begannen wir mit der Suche nach geeigneten Wohnungen, da wir insgesamt zu siebt waren und zwei separate Unterkünfte benötigten. Diese Aufgabe erwies sich als herausfordernder als erwartet, denn wir mussten auf mehrere Faktoren achten: Preis, Ausstattung, Erreichbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel und die Lage selbst. Unser Ziel war es, in unmittelbarer Nähe zueinander zu wohnen, um regelmäßig gemeinsam zu essen und Zeit zu verbringen. Glücklicherweise erhielten wir Unterstützung und fanden schließlich Wohnungen übereinander in einem Gebäude.
Beim Start der zwei wöchigen Reise nach Pilsen waren wir alle nervös und gespannt auf das was uns erwarten wird. In Form eines Plans bekamen wir vorab einen groben Überblick über die nächsten zwei Wochen. Mit dem Zug fuhren wir von Regensburg aus nach Pilsen. Erstmal mussten wir uns natürlich orientieren, einkaufen und uns in unserer Unterkunft einrichten. Zwei Apartments in einem Haus etwas außerhalb des Zentrums. Die ersten zwei Tage verbrachten wir mit Karel bei der Sprachanimation. Auf verschiedene Weisen brachte er uns in einer Art Crashkurs die Kultur, die sprachlichen Basics und die für uns wichtigen Locations der Stadt näher.
Am dritten Tag stand der erste Besuch in der Schule an. Unsere betreuende Lehrerin, Frau Oberhammer, begleitete uns an diesem Tag. Dabei erlebten wir die erste große Herausforderung, nämlich die Sprachbarriere und die kulturellen Unterschiede zwischen den beiden Ländern. Um uns zu unterstützen, wurden uns eine Deutschlehrerin und ein deutschsprachiger Schüler zur Seite gestellt, die uns gemeinsam mit der Schulleiterin herzlich willkommen hießen. Durch den gesamten Aufenthalt zieht sich ein höherer Kontrast zwischen fortschrittlich und veraltet. Das Schulgebäude sieht eher alt aus, die Puppen zu Übungszwecken dafür um so neuer und sehr realitätsnah. Eine interessante Besonderheit: In der Schule tragen alle Hausschuhe, was irgendwie cool ist. Die Schüler befinden sich in einer Art Highschool, sodass die Altersgruppen dort breiter gefächert sind. Der Weg zur Pflegefachkraft ist hier anders aufgebaut und dauert insgesamt sieben Jahre. Zum Abschluss des Tages gingen wir alle gemeinsam essen.
Am darauffolgenden Tag bekamen wir dann eine Führung durch die pädiatrische Station und die Notaufnahme der Uniklinik in Pilsen. Am Freitag Vormittag war unser erster Tag in der Praxis. Wir waren in verschiedenen Einsätzen tätig und wurden jeweils einem tschechischen Pflegeschüler zugeteilt. Nach einem freundlichen „Dobrý den“ oder „Dobré ráno“ und einer kurzen Vorstellung auf Tschechisch kommunizierten wir im weiteren Verlauf hauptsächlich durch Gestik und Englisch. Im Anschluss trafen wir uns zu einem Exkurs im Kinderzentrum, wo uns alles anschaulich gezeigt und erklärt wurde.
Am Wochenende standen uns verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, unsere Zeit zu gestalten. Wir entschieden uns, die Tage mit Einkäufen, Go-Kart fahren, einem Besuch in einer Bar und einem Club sowie einem Ausflug in den Pilsener Zoo zu verbringen. In der zweiten Woche sammelten wir weitere wertvolle Erfahrungen in unterschiedlichen Einrichtungen, darunter Langzeitpflegeheime sowie chirurgische und internistische Stationen. Diese Einsätze gaben uns einen tiefen Einblick in den Arbeitsalltag tschechischer Pflegekräfte und Krankenschwestern. Darüber hinaus besuchten wir mehrere spezialisierte Gesundheitseinrichtungen.
In der Onkologie erhielten wir einen umfassenden Einblick in die Strahlentherapie und konnten die Abläufe der Behandlungen direkt miterleben. Besonders beeindruckend war unser Besuch in der 2020 neu eröffneten psychiatrischen Fachabteilung. Hier hatten wir die Möglichkeit, die geschlossene Station zu besichtigen und uns intensiv mit den besonderen Herausforderungen dieses Bereichs auseinanderzusetzen. Ein besonderes Highlight war die sogenannte "Weichzelle", ein speziell ausgestatteter Raum, der ausschließlich mit einer Matratze versehen ist und zur Verhinderung von Selbstverletzungen dient. Diese Einrichtung hat uns nachhaltig beeindruckt.
Natürlich durfte ein Besuch der Hauptstadt Prag nicht fehlen. An einem sonnigen Tag erkundeten wir die charmante Altstadt und besichtigten berühmte Sehenswürdigkeiten wie die Kafka-Statue und die Prager Rathausuhr. Ein unvergessliches Erlebnis war der Besuch im "Blindenmuseum", wo wir uns der Herausforderung stellten, ohne Sehvermögen zurechtzukommen. In mehreren völlig dunklen Räumen mussten wir uns nur mit dem Tast- und Hörsinn orientieren und Gegenstände identifizieren, die in einem nachgestellten Flur, Wohnzimmer oder einer Küche platziert waren. Auch eine Verkehrssituation mit realistischem Straßenlärm wurde simuliert. Unser blinder Guide führte uns sicher durch die Ausstellung und erzählte aus erster Hand, wie er den Alltag ohne Sehvermögen meistert. Diese eindrucksvolle Erfahrung hat uns alle nachhaltig bewegt.
Rückblickend lässt sich sagen, dass wir über die zwei Wochen Pilsen viel sehen und erleben durften. Am Praktikum würden wir jederzeit wieder teilnehmen und dieses auch weiterempfehlen, da es die Unterschiede zwischen den beiden Ländern aufzeigt.
Zum Abschluss des zweiwöchigen Praktikums durften sich die Auszubildenden über die Übergabe des Europasses freuen. Dieser ist ein Zertifikat der EU über eine Teilnahme an einer Mobilität im europäischen Ausland, das über erasmus+ Mittel gefördert werden konnte.